Ausgehend von zahlreichen Diskussionen im Betrieb, in seinem politischen Umfeld und bei diversen gewerkschaftlichen Veranstaltungen, bei welchen zahlreiche Genoss*innen, Kolleg*innen und Lohnabhängige geäußert haben, dass sie die Forderung nach einer Arbeitszeitverkürzung nicht ernst nehmen (können), solange jene, die diese fordern, sie nicht selbst umsetzen, hat unser Aktivist Axel Magnus einen Antrag für die Umsetzung dieser Forderung in der SPÖ Wien, der Gemeinde Wien und allen gemeindenahen Betrieben formuliert.
Wie sich das so gehört, hat er den Antrag in die Sektion, in welcher er aktiv ist, eingebracht. Dort wurde dieser diskutiert und auf Basis zahlreicher Argumente überarbeitet, um schließlich in abgeänderter Form an die Bezirkskonferenz der SPÖ gestellt zu werden. Dort sollte dieser beschlossen und an den Landesparteitag der SPÖ Wien weitergeleitet werden. Doch es sollte anders kommen.
Wie kaum anders zu erwarten, hat sich die sog. Antragskommission (ein undemokratischer Überrest aus den finstersten Zeiten der SPÖ) gegen den Antrag ausgesprochen. Dabei wurde einmal mehr offensichtlich, wie wenige Bezug manche Funktionär*innen zur Stimmung in der und den politischen Meinungen an der Basis haben. Eine kurze Wortmeldung des Genossen reichte, um die überwältigende Mehrheit der Delegierten der Bezirkskonferenz davon zu überzeugen, dem Antrag zuzustimmen.
Doch leider war diese Bezirkskonferenz so spät angesetzt worden, dass der Antrag nicht mehr auf dem Landesparteitag 2024 behandelt werden konnte. Ein Gipfel der Respektlosigkeit gegenüber den delegierten Genoss*innen, die ihre Freizeit dafür opfern, die politische Diskussion auf Konferenzen voranzutreiben, aber auch all jenen, die ihr Herzblut und viel Engagement in Anträge stecken.
Infolge der Entdemokratisierung der SPÖ Wien (unsere Anmerkungen dazu sind hier nachzuhören) finden derzeit nur mehr alle zwei Jahre Landesparteitage statt, was deutlich zeigt, wie wenig sich die Parteibürokratie für die Anliegen der Basis interessiert. Dieser Antrag kann also entweder erst 2026 und damit viel zu spät, um die ramponierte Glaubwürdigkeit der SPÖ in dieser Frage wiederherzustellen, behandelt werden, oder wird möglicherweise vorher von der sog. Wiener Konferenz, welche nur handverlesenen Funktionär*innen offensteht, zu Grabe getragen werden, möglicherweise in Form einer Zuweisung (oder wie erfahrene Parteimitglieder sagen „Begräbnis 3. Klasse“) an welches Gremium auch immer.
Was auch immer mit diesem Antrag passieren wird, zeigt zweierlei: 1. hat die SPÖ noch einen langen Weg vor sich, um zu einer demokratischen Partei zu werden – angeblich gab es vor dem Landesparteitag die Aufforderung an die Bezirke, keine Anträge für den Landesparteitag zuzulassen und 2. haben weite Teil der SPÖ kein Interesse an glaubwürdiger Politik für die Arbeiter*innenklasse.
Böse Zungen könnten auch behaupten, dass Forderungen von Andi Babler bewusst sabotiert werden, um den von der Bürokratie ungeliebten, weil zu linken, Parteivorsitzenden nach dem gleichen Schema wie weiland Jeremy Corbyn im UK so schnell wie möglich zu demontieren, damit wieder zur gemütlichen Tagesordnung des sozialpartner*innenschaftlichen Kompromists in den Hinterzimmern übergegangen werden kann.
Hier nun der von Sektion und Bezirk beschlossene Antrag im Wortlaut:
„Arbeitszeitverkürzung umsetzen
Vollkommen zurecht fordert unsere Partei basierend auf Aussagen von Gen. Babler die 32-Stunden-und 4-Tage-Woche. Das entspricht sowohl der Lebensrealität weiter Teile der arbeitenden Menschen als auch deren Meinung in einer Reihe von Umfragen.
Tatsächlich hat es in Österreich seit einem halben Jahrhundert keine Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit auf gesetzlicher Ebene gegeben, während diese zuvor innerhalb von nur 15 Jahren um 8 Stunden verkürzt wurde. In diesem halben Jahrhundert ist die Produktivität massiv gestiegen, ohne dass diese wie bis dahin üblich relativ schnell in Form kürzerer Arbeitszeiten an die Lohnabhängigen zurückgegeben wurde.
Gleichzeitig ist der Arbeitsdruck durch die Einführung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien im letzten Vierteljahrhundert massiv weiter erhöht worden, was dazu führt, dass beruflich bedingte psychische Erkrankungen wie Burnout mittlerweile zu den häufigsten Erkrankungen zählen und eine wesentliche Ursache für ein krankheitsbedingtes Ausscheiden aus der Arbeitswelt geworden sind.
Unsere Partei hat richtig erkannt, was gegen diese untragbare Situation getan werden muss. Wir schreiten daher wie schon so oft in der Geschichte voran und beginnen mit der Umsetzung, wo wir das können.
Die SPÖ Wien wird daher die 32-Stunden-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich und in Form einer 4-Tage-Woche für alle Mitarbeiter*innen, die diese wünschen, maximal in zwei Schritten (35-Stunden-Woche mit Jahresbeginn 2026 und 32-Stunden-Woche mit Jahresbeginn 2027) sowohl in der Gemeinde Wien selbst als auch allen mit dieser verbundenen und von dieser geförderten Betrieben und für alle in der Landespartei, den Bezirkssekretariaten und allen Organisationen mit Angestellten, die das Delegierungsrecht zum Landesaparteitag haben, umsetzen.“
2 Kommentare
Wenn wir als SPÖ glaubwürdig den WählerInnen gegenüber sein wollen, müssen wir diesen Antrag auf jeden Fall umsetzen.
Man braucht für so viele Arbeitsschritte wesentlich weniger Arbeitszeit als früher.
Aber die Beschäftigten haben nichts davon. Anstelle, dass sie mehr Freizeit bei vollem Lohnausgleich bekommen, müssen sie zusätzliche Aufgaben übernehmen. Arbeitsverdichtung anstelle von Arbeitszeitverkürzung ist oft die Folge. Das kann nicht das Ziel einer sozialdemokratischen Partei wie der SPÖ sein, schon gar nicht in jenen Bereichen, in welchen sich die SPÖ selbst direkt oder indirekt in der Rolle des Arbeitgebers befindet.
Daher die Forderung nach sofortiger und kompromissloser Umsetzung in den eigenen Bereichen.
Freundschaft!
Romana Schallhofer
Autor
Herzlichen Dank für deine unterstützenden Worte, liebe Romana!