Alle Menschen stammen von Vorfahren ab, die aus Afrika stammten. Menschen, egal welcher Gruppe sie angehören, sind zu 99,9 % gleich. Die äußerlichen Unterschiede sind, genetisch betrachtet, in Wirklichkeit oberflächlich. Aber weshalb wurde der Rassismus zur tödlichsten Ideologie aller Zeiten?
Sklavenhandel und schwarze Menschen als Feindbilder in Österreich
Walter Sauer, Historiker an der Universität Wien, schildert, dass im Sklavenhandel vereinzelt Investoren tätig waren. Weiter verbreitet war der Erwerb von Sklavinnen und Sklaven durch die Hocharistokratie. In adeligen Haushalten waren schwarze Sklaven über 250 Jahre bis ins 18. Jahrhundert zu finden. Wie in ganz Europa, so wurden auch in der Wiener Winterreitschule sogenannte Türkenkopfrennen veranstaltet, über die Graf de la Garde noch 1814 schrieb:
„Ringsherum im Saale, in bestimmten Zwischenräumen, sind Türken- und Mohrenköpfe mit ihrem Turban bedeckt, auf Pfählen angebracht, und dienen den Kämpfern gleichfalls zum Ziele.“
Österreich und der Kolonialismus
In Mosambik wurde 1780 von einer österreichischen Ostindien-Handelsfirma zehn Jahre lang eine Kolonie aufgebaut. In dieser Zeit ist die Region durch eine explosionsartige Steigerung von Elfenbein- und Sklavenexporten extrem destabilisiert worden. Was passiert mit den außereuropäischen Kunstschätzen in unseren Museen, die fragwürdig und ethnisch nicht korrekt erworben wurden?
Wie werden unbewusste negative Vorurteile gegen Schwarze oder anders aussehende Menschen über Generationen weiter gegeben?
Mahzarin Banaji ist Professorin an der Universität Haward. Hier wurde ein Impliziter Assoziationstest (IAT) entwickelt, mit dem man Vorurteile untersuchen kann. Mehr als drei Millionen AmerikanerInnen haben den race test gemacht. 73 Prozent der weißen TeilnehmerInnen zeigten unbewusste negative Vorurteile gegen Schwarze. Für „Die Zeit“ hat die Professorin die Daten von mehr als 50.000 deutschen IAT-TeilnehmerInnen ausgewertet. 80 Prozent dieser TeilnehmerInnen haben Vorurteile.
Ich bin am Land in einer Gemeinde mit damals 1700 EinwohnerInnen aufgewachsen. FreundInnen, Liebe, Partys, Vereine – alles was Spaß machte, war weiß. In der Knabenhauptschule einer mittleren Bezirksstadt in Oberösterreich kann ich mich an keinen anders farbigen Mitschüler erinnern.
Was verknüpfen wir mit Weiß oder mit Schwarz. Der schwarze Mann. Schwarzfahren. Schwarzsehen. Schwarzmalen. Schwarzarbeiten. Schwarzes Schaf. Schwarzer Peter. Engel sind, na klar, weiß. Der Teufel ist schwarz. Im Himmel ist Licht, in der Hölle herrscht Dunkelheit.
Jane Elliot ist eine der bekanntesten Antirassismus-Trainerin der Welt. Aus ihrer Sicht wird Rassismus in der Schule erlernt. In einem Kurier-Interview schildert sie das „Brown Eyes/Blue Eyes“-Experiment, wo sich bei SchülerInnen durch eine Lüge, dass die Augenfarbe Rückschlüsse auf die Intelligenz zulässt, Diskriminierung und Unterdrückung unter den TeilnehmerInnen entwickelte.
Rassismus in der Arbeitswelt
Pia Zhang, Vorstandsmitglied von ZARA, schreibt im Arbeit und Wirtschaft-Blog, dass Rassismus tief in unserem System verankert und für viele eine alltäglich Erfahrung ist. Der Verein ZARA (Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit) veröffentlicht jährlich einen „Rassismus-Report“. Die Beschwerden reichen von der Diskriminierung muslimischer Frauen bei der Bewerbung, von rassistischen Beschimpfungen von LKW-Fahrern, rassistische und antisemitische Äußerungen unter Lehrlingen bis zur Unterstellung einer Strafhandlung aufgrund der Herkunft der Person.
Polizei ist mit Rassismusvorwürfen konfrontiert
Das Verhältnis zwischen Polizei und Menschen mit dunkler Hautfarbe ist ein schwieriges. Beschimpfungen, ungleiche Behandlungen, häufigere Ausweiskontrolle von andersfärbigen Menschen, bis hin zu tätlichen Übergriffen durch PolizistInnen lauten die Vorwürfe in den Medien und von MenschenrechtsaktivistInnen. Dass unsere Gesellschaft nicht nur bei der Polizei, sondern insgesamt ein Rassismusproblem hat, zeigt dass an der „#BlackLivesMatter“-Kundgebung Anfang Mai in Wien rund 50.000 Menschen teilnahmen.
Maßnahmen gegen Rassismus
Auszug aus den Ergebnissen einer Demokratie“web“statt und andere Ideen
Bewusstseinsbildung und Reflexion – wenn wir unsere Vor-Urteile kennen, können wir versuchen, anders mit diesen Situationen umzugehen.
Kontakt mit anderen Menschen haben – der Blick auf den Einzelnen, die syrische Studentin, den afrikanischen Zeitungsverkäufer ist ein wichtiges Mittel gegen Rassismus. Die Angst vor „dem Fremden“ und Unbekannten sinkt.
Diversität sichtbar machen – Menschen aus anderen Kulturen darstellen – Martin Luther King, Rosa Parks (schwarze Bürgerrechtlerin), Teresa Wabuko (afrikanische Gewerkschafterin im Gesundheitsbereich). Die Gewerkschaftsinitiative „weltumspannend arbeiten“ bietet dazu immer wieder Möglichkeiten.
Gruppenbilder überdenken – Das „Fremde“ kann uns Angst machen, weil wir es nicht kennen. Je unterschiedlicher eine Gesellschaft ist, umso reicher ist sie an Erfahrungen. Und grundsätzlich sollten wir wissen, dass es in jeder Gruppe freundliche und aggressive, nette und unsympathische Menschen gibt.
Zivilcourage zeigen/Rassismus melden – Wenn man einen rassistischen Vorfall beobachtet oder sogar selbst erlebt, Unterstützung und Beratung zum Beispiel bei ZARA holen.
Leitfaden zum Umgang mit rassistischen, sexistischen Äußerungen – der VÖGB – Verband Österreichischer Gewerkschaftlicher Bildung und ZARA haben im Rahmen eines Workshops Denkanstösse entwickelt, die dabei helfen, in Zukunft bei Seminaren, Betriebsversammlungen, aber auch im Alltag adäquat zu agieren.
Quellen:
Artikel in „Die Zeit“ vom 16. Juli 2020 – Nummer 30 – Wie rassistisch sind sie? von Bastian Berger
Das afrikanische Wien, Walter Sauer Hg., Verlag Mandelbaum, 1996, ISBN 3-85476-000-0, Seite 20
Interview von Walter Sauer durch Florian Gasser in “ Zeit Österreich“ Nr. 26/2020
Kurier am 27. Juli 2020, ein Interview mit Jane Elliott von Elisabeth Sereda
Arbeit und Wirtschaft Blog vom 22. Juli 2020 – Rassistische Diskriminierung in der Arbeitswelt ist nach wie vor ein Problem von Pia Zhang
Ergebnisse einer Demokratiewebstatt
2 Kommentare
„Die äußerlichen Unterschiede sind, genetisch betrachtet, in Wirklichkeit oberflächlich.“ – die genetischen Unterschiede sind in Wirklichkeit durchaus vorhanden und haben einen stärkeren Einfluss als jeder tabula-rasa-Fanatiker es anerkennen will.
Vielleicht magst du das ein wenig genauer ausführen?