Ich möchte meine Erfahrungen in einem Wiener Unternehmen der Erwachsenenbildung teilen, weil ich sicher bin, dass andere KollegInnen ähnliche Erfahrung gemacht haben und täglich machen.
Vor einem Monat fing ich an, StudentInnen für ein privates Weiterbildungsunternehmen zu unterrichten.
Das erste Interview verlief zuvor sehr gut und wir wurden uns schnell einig darüber, dass ich sehr gut geeignet bin und ich die Herausforderungen meistern würde.
Bei der Vertragsunterzeichnung wurde von mir verlangt, mich dazu bereitzuerklären, als Dienstort auch ein weiteres Bundesland anzugeben (in den Studi-Ferien müsse ich u.U. pendeln). Nagut. Ein wichtigerer Punkt war, dass mir im Vertrag bei meinen Vordienstzeiten ein ganzes Jahr aberkannt worden war, und das, obwohl ich wiederholt nachgefragt hatte, ob alles anerkannt werden würde, was mir von meinem Gegenüber sogar schriftlich zugesichert worden war.
Ich ließ mich von der Gewerkschaft GPA beraten und die Rechtsberatung riet mir, meine Dienstgeber*innen nochmals anzuschreiben und eine Dienstbestätigung mit definiertem Zeitraum zu verlangen, dem ich auch nachkam.
Nach einem knappen Monat schickte ich die gesammelten, neu ausgestellten Bestätigungen an die Standortleitung, die sie wiederum an die Personalabteilung weiterleitete (auf mein Ansuchen, doch direkt mit dieser in Kontakt zu treten, war nicht eingegangen worden).
Nun kam die Antwort, dass die Bestätigungen nicht anerkannt werden können, weil kein genaues Stundenausmaß der Unterrichtsstunden in den Dienstbestätigungen enthalten sei.
Ich las nochmals im betreffenden BABE-Kollektivvertrag nach: Die rechtliche Lage war eindeutig auf meiner Seite; das Dienstjahr musste rechtlich anerkannt werden. Wieder setzte ich mich mit der Gewerkschaft in Verbindung. Die Rechtsabteilung gab mir erneut recht und teilte mir die Nummer vom Betriebsrat der Firma mit.
Wegen dem Kettenvertrag (Anstellung nur ein halbes Jahr) müsse ich damit rechnen, dass ich gekündigt werden würde, wenn ich mich zur Wehr setzen und mein Recht mit Nachdruck bis zum Gang vor Gericht durchfechten würde.
So hatte der Betriebsrat schon in der Vergangenheit für eine gute Hand voll KollegInnen vor Gericht gegen die Kettenverträge und für die volle Anrechnung der Dienstjahre geklagt, Recht bekommen und die betreffenden MitarbeiterInnen wurden gekündigt, weil sie in der Minderheit waren.
Andere Wege, die Geldgeber*innen (AMS für öffentliche Gelder oder die Universitäten Wiens) in die Pflicht zu nehmen, funktioniert genausowenig. So werden die BetriebsrätInnen beschuldigt, Arbeitsplätze zu gefährden.
Mein Fazit daraus war, dass ich am Ende des Probemonats meinen Hut genommen habe mit der Begründung, dass mir die korrekte rechtliche Behandlung wichtig ist und ich einen längerfristigen Arbeitsplatz suche. Beides zu haben ist in dieser Firma illusorisch.
Die Lösung dieser Situation ist: Erst, wenn sich die Belegschaft mehrheitlich dafür einsetzt, dass Recht eingehalten wird, können offene Rechtsbrüche der Bosse bekämpft sowie gute Arbeitsbedingungen für Lehrende und Lernende erkämpft werden!
Solltest du ähnliche Berichte und Erfahrungen gemacht haben, kannst du dich an dierwachsenenbildung@gmail.com. Diese Initiative garantiert den Schutz deiner Person.
2 Kommentare
Schön, dass sich Leute auch was trauen und Zivilcourage zeigen. Mehr mutige Menschen braucht die Welt!
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Noch schöner wäre es selbstverständlich, wenn es kollektiven Widerstand gäbe!